3.4 Die Seekarte

Website: Cruising Club der Schweiz
Kurs: Kursordner HSA Backup
Buch: 3.4 Die Seekarte
Gedruckt von: Gast
Datum: Montag, 6. Mai 2024, 00:31

1. Anforderungen

An die Seekarte werden bestimmte Ansprüche gestellt, damit sie sich zum Navigieren eignet:

-      Die Kugeloberfläche muss 2-dimensional dargestellt werden können.

-      Kurslinien und Peilungen müssen als Gerade eingezeichnet werden können.

-      Die Seekarte muss winkeltreu sein, damit jeder Winkel auf der Erde gleich dem entsprechenden Bildwinkel in der Karte ist.

-      Distanzen müssen gemessen werden können.

Positionen müssen nach Länge und Breite gemessen und bestimmt werden können.

2. Mercatorprojektion

Die Abbildung der kugelförmigen Erdoberfläche auf einer Ebene ist problematisch, da unvermeidliche Verzerrungen entstehen. Ein Verfahren, das alle zuvor genannten Bedingungen erfüllt, hat der deutsche Geograph Gerhard Kremer (lat. Mercator, 1512-1594) entwickelt:

Es handelt sich um eine verzerrte Zylinderprojektion. Die Meridiane und Breitenparallelen stehen senkrecht aufeinander. Der Erdmantel wird vom Erdmittelpunkt aus auf einen Zylinder projiziert.

Für die terrestrische Navigation in der Seefahrt wird vorwiegend die Mercatorkarte verwendet.

Der auf der Mercatorkarte angegebene Massstab stimmt nur auf einer Breite, der sog. Bezugsbreite (diese ist auf jeder Karte speziell angegeben).

3. Orthodrome

Im ursprünglichen Wortsinn der geradelaufende, richtige Weg: Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Orten auf der Erdoberfläche ist auf dem Grosskreis G der sie verbindet.

Die Orthodrome verläuft auf der Grosskreiskarte oder in der gnomonischen Projektion als Gerade, im Gegensatz zur Loxodrome L, die gekrümmt erscheint. In der Seekarte nach der Mercatorprojektion erscheint die Orthodrome (Grosskreis) als polwärts gekrümmte Linie, die Loxodrome erscheint als Gerade.

4. Loxodrome

Auch Kursgleiche genannte Linie auf der Erdoberfläche, die alle Meridiane unter dem gleichen Winkel schneidet.

Die Loxodrome ist auf der Erdoberfläche eine Kurve, die sich den Polen als Spirale nähert (A), erscheint aber nach der Mercatorprojektion in der Seekarte als gerade Linie (B). Die Loxodrome ist die bevorzugte Darstellung eines Kurses in den üblichen, von der Sportschifffahrt benutzten gemässigten Breiten. In Polnähe ist sie unbrauchbar; hier benutzt man die Orthodrome als bevorzugten Kurs.

5. Arten von Seekarten

-         Ozeankarten, 1:5'000'000 und kleiner (kleiner Massstab): Sie stellen ein ganzes Meer als Gesamtübersicht dar.

-         Übersichtskarten (Übersegler), 1:1'600'000 bis 1:5'000'000: Ebenso wie die Ozeankarten sind diese Übersichtskarten nur zur Planung eines Törns brauchbar. Zur genauen Navigation sind sie ungeeignet.

-         Segelkarten, 1:300'000 bis 1:1'600'000: Die Küsten werden genauer dargestellt; diese Karten dienen der Schiffsführung über See.

-         Küstenkarten, 1:30'000 bis 1:300'000: Details der Küste werden genau dargestellt; diese Karten eigenen sich für die terrestrische Navigation.

-         Pläne, 1:30'000 und grösser (grosser Massstab): Häfen, Buchten, enge Fahrwasser, Hafenansteuerungen, wichtige Details, etc. Sie werden oft auf einer Karte zusammengefasst oder auch bei manchen Seekarten eingedruckt.

6. Höhen und Tiefen

Eine Vielzahl unterschiedlicher Zeichen und Abkürzungen sind über die ganze Karte verteilt. Die Erklärungen zu diesen erwähnten Zeichen und Abkürzungen finden sich in der Karte 1 (INT 1), herausgegeben z. B. für Deutschland vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrografie (BSH).

Für die Seekarten typisch sind die auf den Wasserflächen verteilten Zahlen für die Tiefenangaben und die Linien, welche Orte gleicher Tiefe miteinander verbinden.

Für Tiefenangaben gilt:

  •         Die Mitte der Tiefenzahl ist der geographische Ort der Tiefenangabe.
  •        Die Tiefenangaben beziehen sich nicht auf das Normalnull der Landesvermessung. Sie beziehen sich auf das so genannte Kartennull (Chart Datum, CD), das je nach Gewässer unterschiedlich festgesetzt ist. Das Chart Datum entspricht aber meist dem astronomisch niedrigsten möglichen Gezeitenwasserstand (Lowest Astronomical Tide, LAT).
  •        In Gezeitenrevieren werden gewisse Flächen bei Hochwasser überflutet. Diese Flächen sind grün dargestellt. Bei Angaben für negative Kartentiefen sind die ganzen Meter unterstrichen, sie beziehen sich auf das Kartennull.

Für Höhenangaben gilt:

  • Die Höhenangaben im Landgebiet sind nicht auf das Kartennull bezogen, ihr Bezugspunkt ist das Normalnull (NN) der Landesvermessung.
  • Die Durchfahrtshöhe, zum Passieren von Brücken oder Freileitungen, ist auf der Seekarte über maximalem Springhochwasser (Highest Astronomical Tide, HAT) angegeben, welche sich auf das Chart Datum referenziert. (Siehe auch Seekarte Nr. 1, Kapitel I)

7. Chart Datum

Das Chart Datum wird auf der Seekarte angegeben, z.B. CD = WGS 84. Es definiert die Vermessungs-grundlage der Koordinaten. Heute wird auf neueren Seekarten meistens WGS 84 angewendet, es existieren aber auch andere Chart Dates, wie z.B. in der Schweiz „Swiss Grid“. Positionen auf Karten mit verschiedenen Chart Dates können deutliche Abweichungen aufweisen. Bei der Verwendung von GPS-Geräten ist es wichtig, dass das Chart Datum der Seekarte mit demjenigen des GPS-Gerätes übereinstimmt, das kann am GPS-Gerät eingestellt werden (Siehe auch Kap. 5, Seite 5.5)

8. Anwendung der Seekarte

Allgemein

Seekarten sollten unbedingt auf dem neusten Stand sein. Änderungen müssen auf der Seekarte eingetragen werden. Dies kann durch ein anerkanntes Institut oder durch Selbstberichtigung erfolgen. Die Angaben zur Berichtigung werden den Nachrichten für Seefahrer (NfS), bzw. Admiralty Notices to Mariners (ANM) entnommen, diese werden wöchentlich veröffentlicht.

8.1. Positionen

·    Feststellen der Position eines gegebenen Punktes.

·    Eintragen der Position in die Karte.

 

8.2. Distanzen

Distanzen werden mit Hilfe des Kartenzirkels am seitlichen Kartenrand, auf der gleichen Breite abgesteckt.
Nie am oberen oder unteren Rand!

8.3. Kurse

Der Kurs ist eine Gerade von A nach B und wird in seiner Richtung mit der Abweichung von geographisch Nord in Winkelgraden von 0° bis 360° angegeben.

8.4. Peilungen

Die Peilung ist eine Richtungsbestimmung vom Betrachter zum Peilobjekt. Als Kompasspeilung ist sie auf die Nordrichtung, als Seitenpeilung auf die Kielrichtung bezogen.